Montag, 14. Juli 2014

Einfach mal Flachwandern

Ein ganzes Wochenende mit meiner Frau. Da wäre mal wieder so richtig klettern oder biken angesagt. Leider war das Wetter anderer Meinung. Deshalb entschlossen wir uns zum Wandern. Flachwandern. Einfach mal so in der Ebene. Das haben wir noch kaum je gemacht. Das Highlight wartet sowieso am Abend: "FABRIKK" von Karl's Kühne Gassenschau. Der absolute Hammer!
Auf dem Solothurner Waldwanderweg

Die Strecke Aarau - Olten war ich schon oft gefahren mit dem Zug, das dauert jeweils ungefähr zehn Minuten. Es sollte also kein Problem sein, diese Strecke auch zu Fuss zurückzulegen. Wir hatten ja den ganzen Tag Zeit. Wir starteten also beim Bahnhof Aarau und durchquerten die Stadt. Mir kam Sting in den Sinn:
"I'm an Alien/I'm a little Alien/I'm a hiker in the shopping mall"
Zugegeben, die letzte Zeile heisst anders und ist so ein wenig holprig, aber ich kam mir schon komisch vor in voller Wandermontur unter all den aufgetakelten Konsumfetischisten. Die Altstadt von Aarau ist übrigens sehr sehenswert, seit sie autofrei ist, und wird massiv unterschätzt, wie der gesamte Aargau auch. Denn der ist mehr als Autobahn und Atomkraftwerk.
Wir erreichten die Aare, die ziemlich viel Wasser führte. Dort fanden wir auch einen Wegweiser: "Olten 3 h 55 min.". Aha. Mit soviel hätte ich jetzt nicht gerechnet. Aber wir hatten ja, wie gesagt, Zeit. Eben noch in der Stadt, waren wir nun im Wald direkt an der Aare ganz alleine unterwegs.
Die Aare führt vieeeeel Wasser

Plötzlich flitzte ein blau schimmernder Edelstein davon: Ein Eisvogel! Das war auch schon der Höhepunkt der Wanderung. Der Rest war spektakulär unspektakulär. Aber wir genossen es, einfach zu zweit unterwegs zu sein, nichts zu müssen und alles zu dürfen. Wir genossen die Landschaft, an der wir sonst immer im Zug vorbeibrausen. Nur in Schönenwerd wurden wir vom Ufer weggedrängt, da hier der Weg unter Wasser lag. Im Ballypark, der vom Schuhfabrikanten C.F. Bally als englischer Garten angelegt wurde für die Belegschaft seiner Fabrik, legten wir eine Pause ein.
Es fehlten nur noch Zentimeter
Im Ballypark
Beim Weitergehen standen wir plötzlich vor einem Kühlturm: Das AKW Gösgen. Es war schon etwas unheimlich, vor diesem Ding zu stehen. Gleich daneben war ein Gebäudekomplex mit noch mehr Stacheldraht eingezäunt, eine Munitionsfabrik. Nun ja, es kann sich jeder seine Gedanken machen. Bei Dulliken wurden wir nochmals vom Wanderweg abgedrängt wegen einer Baustelle und mussten auf Asphalt das Dorf durchqueren. Doch schon bald waren wir wieder an der Aare, im Grünen. Und uns gefiel es. Olten kam näher. Respektive wir näherten uns Olten. Beim Stauwehr, das den Pegel der Aare reguliert, schwamm eine Gänsesägermama mit einer ganzen Schar Jungen. Plötzlich war eine Barriere quer über den Spazierweg mit einem Fussgängerverbot. Wegen Überschwemmung. Was sollten wir machen? Auf der angrenzenden Hauptstrasse gehen? Nein, wir taten einfach so, als ob wir das alles nicht gesehen hätten. Und als uns dann noch Leute entgegenkamen, waren wir sicher, dass wir nicht schwimmen mussten.
Olten. Wir steuerten direkt die Altstadt an. Und waren überrascht. Ein echtes Juwel. Schon die zweite Stadt, die ihren Klischees nicht gerecht wird und ebenfalls massiv unterschätzt wird. Jedenfalls hatten wir das zwanghafte Verlangen, in einem der Bistros anzuhalten und etwas zu trinken und essen (ich hatte während der ganzen Wanderung ein Stück Brot gegessen). Wunderbar, Ferien im Kleinformat!



Nach ein wenig Ausruhen im Hotelzimmer und einem romantischen Candlelight-Dinner machten wir uns auf zum Gelände, wo FABRIKK aufgeführt wurde. Würde ich auch über Kultur bloggen, müsste ich jetzt sehr ausführlich werden und eine Lobeshymne anstimmen, so aber müssen ein paar Wörter und Bilder genügen. Da ist einfach alles vorhanden: Drama, Poesie, Witz, Action, Liebe, Spektakel. Wer es noch nicht gesehen, der hat nur noch bis am 30. August Zeit. Sputet euch! Es ist einfach F-A-N-T-A-S-T-I-S-C-H!




Über Engelberg nach Kölliken

Olten - Engelberg - Kölliken? Ja, denn der Hügel dort heisst so und hat nichts zu tun mit dem bekannten Ferienort. Nachem wir erst mal ausgeschlafen hatten, starteten wir bei bedecktem Himmel, über dem Jura war es ziemlich düster.
Auf Wiedersehen Olten
Wir kamen am Tierpark im Mühlitäli vorbei, wo Damhirsche und Waschbären zu Hause waren. Im Wald stieg der Weg nun an, die Äste hingen tief, so dass wir wie durch einen Tunnel gingen. Oben folgten wir statt dem Wanderweg weiter dem "Grat", nun fühlten wir uns schon heimischer: Steil, felsdurchsetzt, mit Felskanzeln, die den Blick auf das Säli-Schlössli eröffneten. Es kam ein wenig Jura-Feeling auf. Aber oben wartete statt eines richtigen Gipfels eine weite Fläche aus Wiese und Wald. Ein Schwingfest war im Gange, wir suchten den Weg drum herum.
Bequemer Wanderweg 
Mit dieser Gefahr hatten wir nicht gerechnet
Im Abstieg vom Engelberg
Wir entschieden, statt direkt nach Safenwil abzusteigen weiter zu gehen nach Kölliken. Diesmal sahen wir als Highlight zwei krähengrosse Schwarzspechte, ansonsten war auch diese Tour relativ ereignislos. Aber eben: Einfach schön, so zu wandern, Gegenden zu entdecken. Bei einem Bauernhof mit Laden lockten uns die herrlich blauen Heidelbeeren an. Eigentlich wollten wir sie den Kindersittern mitbringen, aber bis wir dort waren, hatte es nicht mehr viele übrig... So gelangten wir nach Kölliken, und da gleich ein Zug fuhr, nahmen wir diesen und besuchten stattdessen Lenzburg, eine gute Entscheidung. Auch hier lockte eine schöne mittelalterliche Altstadt zum Verweilen in einem Café.
Tiefste Provinz
Das malerische Lenzburg
Fazit dieser zwei Tage: Man muss gar nicht weit weg und spektakuläre Touren suchen. Manchmal genügt es, einfach loszulaufen, Landschaften zu entdecken und zu geniessen. Ich war auch überrascht, dass es zwischen Aarau und Olten 20 Kilometer sind, was auch auf die vielen Flusschleifen zurückzuführen ist. Am zweiten Tag kamen nochmals 12 Kilometer dazu. In welcher Zeit? Keine Ahnung. Spielt auch keine Rolle, wenn man Zeit hat.

1 Kommentar:

  1. Schön geschrieben. Und einfach nur Flachwandern ist schon dadurch gut, dass man alle mitnehmen kann.

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